Prokrastination und Versagensangst: Warum Angst vorm Scheitern oft zu Aufschieberitis führt
Warum Angst vorm Scheitern oft zu Aufschieberitis führt
Du hast bestimmt schon mal eine wichtige Aufgabe aufgeschoben – vielleicht, weil die Zeit fehlte oder weil andere Dinge dazwischenkamen. Doch wenn das Aufschieben zur Gewohnheit wird, steckt oft mehr dahinter. Ein häufiger Grund für dieses Verhalten ist Versagensangst. Prokrastination und Versagensangst sind eng miteinander verknüpft, und das Verstehen dieses Zusammenhangs kann der Schlüssel sein, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Was ist Versagensangst und wie zeigt sie sich?
Versagensangst ist die Angst davor, nicht gut genug zu sein, Erwartungen nicht zu erfüllen oder sich zu blamieren. Sie geht oft mit Perfektionismus und einem kritischen Selbstbild einher. Menschen mit Versagensangst erleben oft starken inneren Druck und übermäßige Selbstkritik, was dazu führt, dass sie Projekte entweder vermeiden oder sich selbst sabotieren.
Wie hängen Versagensangst und Prokrastination zusammen?
Für viele Menschen ist das Aufschieben eine Möglichkeit, den unangenehmen Gefühlen, die mit Versagensangst einhergehen, auszuweichen. Prokrastination wirkt kurzfristig wie ein Schutzschild: Wenn ich die Aufgabe jetzt nicht angehe, muss ich mich auch nicht dem potenziellen Scheitern stellen. Doch dieses Aufschieben kann eine ganze Reihe negativer Konsequenzen nach sich ziehen:
- Vermeidung des emotionalen Drucks: Die Arbeit wird hinausgeschoben, um unangenehme Emotionen wie Nervosität oder Scham zu vermeiden.
- Reduzierter Handlungsdruck: Aufschieben gibt das Gefühl, „noch nicht wirklich“ versagt zu haben. Solange du es nicht versuchst, kannst du dir einreden, dass du die Aufgabe „später“ doch noch meistern wirst.
- Selbstschutz durch Ausreden: Manchmal ist Prokrastination eine Form von Selbstsabotage. Wenn du nicht genügend Zeit investierst, kannst du das Ergebnis später auf den Zeitmangel und nicht auf dich selbst schieben.
Der Teufelskreis: Warum Prokrastination Versagensangst verstärkt
Interessanterweise verstärkt Prokrastination oft genau die Versagensangst, die sie vermeiden sollte. Denn je länger Aufgaben aufgeschoben werden, desto größer wird der innere Stress, und die Selbstkritik wird härter. Das Ergebnis: Die Angst vor dem Scheitern wächst weiter, und du schiebst noch häufiger auf.
So kann sich dieser Teufelskreis entfalten:
- Anfangsphase: Die Aufgabe wirkt überwältigend, und die Angst, nicht gut genug zu sein, taucht auf.
- Aufschieben: Um dem unangenehmen Gefühl zu entkommen, schiebst du die Arbeit hinaus.
- Ansteigender Druck: Je länger die Aufgabe aufgeschoben wird, desto größer wird der Stress und die innere Kritik.
- Kurzfristige Panikphase: Schließlich zwingt die Deadline zur Arbeit unter großem Druck, oft ohne die Möglichkeit, dein Bestes zu geben.
- Selbstkritik und Versagensgefühl: Das Gefühl, nicht „gut genug“ zu sein, wird weiter verstärkt – und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Wege, um den Teufelskreis von Prokrastination und Versagensangst zu durchbrechen
Den Teufelskreis zu durchbrechen, ist nicht leicht, aber es gibt einige bewährte Strategien, die dir helfen können:
- In kleinen Schritten starten: Statt die Aufgabe als überwältigendes Ganzes zu sehen, hilft es, sie in kleinere, machbare Schritte aufzuteilen. Das erleichtert es, erste Erfolge zu erleben und die Angst vor dem Scheitern zu reduzieren.
- Realistische Erwartungen setzen: Perfektionismus und unrealistische Standards treiben die Angst vor dem Versagen weiter an. Setze dir erreichbare Ziele, die Raum für Wachstum und auch mal für Fehler lassen.
- Innere Stärke aufbauen: Eine gesunde, stärkende Stimme für dich selbst zu entwickeln, hilft dir, das kritische Selbstbild zu ändern. Mache dir bewusst, dass Fehler zum Prozess gehören und ein Lernschritt sind, kein Urteil über deinen Wert.
- Positiver Druck statt Selbstsabotage: Baue Belohnungen für erledigte Schritte ein und setze dir realistische Deadlines. So reduzierst du die Angst vor dem Scheitern und stärkst das Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit.
- Reflexion und Akzeptanz: Sieh den Prozess als Chance, dich selbst besser kennenzulernen. Frag dich, warum du eine Aufgabe aufschiebst und welche Ängste oder Befürchtungen dahinterstecken. Manchmal hilft es, das Worst-Case-Szenario zu betrachten und zu erkennen, dass ein „Scheitern“ oft weniger dramatisch ist, als es im Kopf erscheint.
Was jetzt`? Schritt-für-Schritt
Auch wenn es manchmal überwältigend erscheinen mag, ist das kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Stattdessen kannst du es als Einladung sehen, innezuhalten, dich neu zu orientieren und den kleinsten machbarsten Schritt auszuwählen, den du jetzt gehen kannst.
Prokrastination und Versagensangst sind eng miteinander verwoben. Wenn du deine eigene Aufschieberitis verstehen und bewältigen willst, kannst du durch die Beschäftigung mit deiner Versagensangst viele neue Einsichten gewinnen. Es geht nicht nur darum, Aufgaben zu erledigen, sondern auch darum, die zugrunde liegenden Ängste zu erkennen und anzugehen. Langfristig kann das Erkennen dieser Zusammenhänge zu mehr innerer Stärke, einem gesunden Umgang mit Erwartungen und einer entspannteren Haltung führen.
Falls du das Gefühl hast, dass Prokrastination und Versagensangst deinen Alltag zu sehr beeinflussen, kann es hilfreich sein, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. In der Psychotherapie lassen sich hilfreiche Werkzeuge und Techniken erlernen, um diese Ängste Schritt für Schritt zu reduzieren und dein Potenzial besser zu nutzen.